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Physiker: KI-Algorithmen für elektronische Nasen

Wie lernen Maschinen dank Sensoren das Riechen? Eine Antwort auf diese Frage sucht der Physiker Sebastian Schober. Seit Mai 2019 entwickelt der 27-Jährige Künstliche-Intelligenz-Systeme für Umweltsensoren beim Halbleiterhersteller Infineon Technologies AG in Neubiberg bei München.

Ein Sensorkopf mit LED Laserbeleuchtung als OEM-Kopf mit Verbindungselement liegt auf einer weißen Unterlage.

„Wir sind dabei, das bekannte Prinzip der KI-gestützten Analyse von Bilddaten auf Gerüche zu übertragen. Oder vereinfacht zusammengefasst: Wir entwickeln eine elektronische Nase für den Einsatz im Umweltschutz“, bringt Sebastian Schober sein Arbeitsgebiet auf den Punkt. Statt aus einer Kamera stammen seine Daten von speziellen Sensoren, die beispielsweise verschiedene Gase in der Umgebungsluft erfassen. „Die von mir entwickelten KI-Algorithmen ermöglichen es, die komplexen Sensorsignale zu analysieren und zu interpretieren“, erklärt er.

Industrie und Wissenschaft verbinden

Ein Porträt-Foto von Sebastian Schober Ein Porträt-Foto von Sebastian Schober

Sebastian Schober

„Nach dem Masterabschluss war es mir wichtig, Berufserfahrung zu sammeln – idealerweise im Entwicklungsbereich in der Industrie. Gleichzeitig interessieren mich wissenschaftliche Fragestellungen. Mein Arbeitsbereich bei Infineon, der mir viel Freiraum für meine Promotion einräumt, verbindet beide Wünsche optimal“, begründet Sebastian Schober seine berufliche Entscheidung. Entsprechend abwechslungsreich sieht sein Tagesablauf aus: „Morgens plane und priorisiere ich meine Projektaufgaben, bevor ich weiter an der Entwicklung und Programmierung von KI-Algorithmen arbeite. Die produktivste Zeit verbringe ich, wenn ich über eine Fragestellung und ihre Lösungsoptionen intensiv nachdenke, um beispielsweise die Richtung der weiteren Entwicklungsarbeit festzulegen“, beschreibt er seinen Arbeitstag. Außerdem verfolgt er mit der regelmäßigen Lektüre von Fachliteratur die jüngste technologische Entwicklung. Zu seinen weiteren Aufgaben zählt das Schreiben von Publikationen und Patentanträgen.

Ihm gefällt sein vielseitiges Aufgabengebiet, das es ihm ermöglicht, seinen fachlichen Interessen nachzugehen. „In kurzer Zeit habe ich viel Projektverantwortung übernommen und dank meines interdisziplinären Umfelds eine Menge Neues dazugelernt“, erklärt der Physiker. In seiner divers aufgestellten Abteilung arbeiten je zur Hälfte Frauen und Männer, darunter Elektrotechnikingenieurinnen und -ingenieure, Mathematikerinnen und Mathematiker sowie Informatikerinnen und Informatiker. Wichtig für seine Arbeit ist – neben ausgeprägten analytischen Fähigkeiten und technologischer Neugierde – vor allem Kreativität: „Bei vielen Fragestellungen geht es darum, über den Tellerrand zu blicken, um Lösungswege abseits des Standards zu finden“, ergänzt Sebastian Schober, „Wer im KI- oder Data-Sciences-Bereich arbeitet, sollte zudem einen kritischen Blick für die Herkunft und Qualität der verwendeten Daten bewahren und die damit erhaltenen Ergebnisse hinterfragen.“

Die Masterarbeit als KI-Einstieg

Seinen Arbeitgeber lernte er bereits als Werkstudierender während seines Physikstudiums an der Technischen Universität München (TUM) kennen, das er im April 2019 mit einem Master of Science in Physik abschloss. Mit KI, seinem heutigen Arbeitsgebiet, setzte er sich erstmals intensiv in seiner Masterarbeit auseinander, die er an der TUM in Zusammenarbeit mit der dortigen Medizinfakultät durchführte: „Ich befasste mich mit Grundlagenforschung zum Screening von Lungenkrebs durch die Nutzung von neuronalen Netzen bei der Bilddatenanalyse von Röntgenaufnahmen. Dabei ging es darum, zu untersuchen, ob und wie gut diese Algorithmen in der Lage sind, Tumoren zu identifizieren.“ Vorher absolvierte er zwei Bachelorstudiengänge – in Physik und Mathematik. Überdies verbrachte er zwei Studiensemester an der Uppsala Universitet in Schweden. Seine Begeisterung für Physik begann bereits in der Schulzeit. Er ist überzeugt: „Rückblickend kann ich nur empfehlen, ein Fach zu studieren, das einen wirklich interessiert.“