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Studieren im Vereinigten Königreich – Interview: „Vor dem Brexit war es einfacher“

Wolfgang Gairing ist Referatsleiter West-, Nord- und Südeuropa beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) in Bonn. Mit abi» spricht er über die Bedingungen für ein Auslandssemester im Vereinigten Königreich (UK) und darüber, wie sich diese mit dem Brexit und dem Austritt aus dem Erasmus+-Programm verändert haben.

Wolfgang Gairing steht mit einem Mikrofon vor einer blauen Plakatwand der DAAD.

abi» Herr Gairing, was hat sich seit dem Brexit für Studierende geändert, die ein Auslandssemester im Vereinigten Königreich verbringen möchten?

Wolfgang Gairing: Prinzipiell ist es für deutsche Studierende deutlich schwieriger geworden, im Vereinigten Königreich einen Studienaufenthalt zu absolvieren. Dies betrifft sowohl die finanzielle Seite als auch den bürokratischen Aufwand, der betrieben werden muss. Eine gute und in der Regel recht aktuell gehaltene Webseite für Visafragen und Co ist UKCISA (UK Council for International Student Affairs). Man muss aber auch zugeben, dass sich viele Regelungen noch nicht so eingespielt haben, Auskünfte manchmal keine dauerhafte Gültigkeit haben und Routinen sich ändern.

abi» Was raten Sie also Studierenden?

Wolfgang Gairing: Man muss als Studierender jetzt einen deutlich größeren Zeitpuffer einplanen, um einen Studienaufenthalt im Vereinigten Königreich anzugehen. Von der finanziellen Seite her ist es zwar auch schwieriger geworden, aber es gibt immer noch Förderungsmöglichkeiten.

abi» Welche sind das?

Wolfgang Gairing: Vielfach nicht bekannt ist die Tatsache, dass deutsche Hochschulen durchaus im Rahmen von Erasmus+ Gelder für sogenannte Drittlandmobilität zur Verfügung stellen können – maximal 20 Prozent. Damit kann eine deutsche Hochschule Gelder für ihre Studierenden außerhalb des Erasmus-Raums bereithalten. Das Vereinigte Königreich konkurriert dann allerdings als Zielland mit allen anderen Ländern außerhalb Erasmus weltweit. Dem DAAD liegen noch keine Zahlen vor, wie die deutschen Hochschulen dieses 20-Prozent-Budget nutzen. Allerdings kann man davon ausgehen, dass Großbritannien hier eine wichtige Rolle spielen wird, da die Hochschulen des Landes nach wie vor äußerst attraktiv sind und Erasmus-Beziehungen mit den Hochschulen aus der Vor-Brexit-Zeit weiterhin bestehen. Allerdings wird die Frage der Studiengebühren eine größere Rolle spielen, da deutsche Studierende nun nicht mehr den britischen Studierenden gleichgestellt sind, sondern als 'echte Ausländer' nun deutlich höhere Studiengebühren zu zahlen haben.

abi» Zieht es deshalb nun weniger Studierende nach UK?

Wolfgang Gairing: Abschreckend scheint das alles nicht wirklich zu sein. In einem sehr nachgefragten DAAD-Programm, das Stipendien für ein komplettes Masterstudium im Vereinigten Königreich vergibt, verzeichnen wir aktuell 30 Prozent mehr Bewerbungen als in den Vorjahren. Dieser Anstieg bezieht sich auch auf andere Zielländer und scheint eine Post-Corona-Motivation zu beinhalten, endlich auch mal physisch im Ausland zu studieren. Großbritannien fällt beim Anstieg der Bewerberzahlen kaum gegenüber anderen Zielländern zurück. Es hätte ja durchaus sein können, dass sich die Tendenz, statt Großbritannien zum Beispiel Irland oder ein skandinavisches Zielland zu wählen, quantitativ deutlich stärker ausprägt. Denn auch dort kann man auf Englisch studieren. Ob mittelfristig Großbritannien wie die Vereinigten Staaten nur noch etwas für Studierende ist, deren Eltern substanziell Mittel zuschießen können, wird sich zeigen. Der DAAD selbst und auch eine ganze Reihe deutscher Hochschulen sind durchaus erfolgreich damit, bilateral Studiengebühren-Reduktionen auszuhandeln. Dennoch, es bleibt dabei, vor dem Brexit war es einfacher!

abi» Werden Studienleistungen, die Studierende im Auslandssemester in UK erwerben, weiterhin in Deutschland anerkannt?

Wolfgang Gairing: Es gibt keine generelle Regelung für die Anerkennung von Studienleistungen, da dies von Hochschule zu Hochschule und von Studiengang zu Studiengang variieren kann. Studierende sollten sich daher frühzeitig informieren und mit den entsprechenden Ansprechpartnern an ihrer Heimathochschule kommunizieren, um mögliche Probleme zu vermeiden.

Weitere Informationen

studienwahl.de

Das Infoportal der Bundesagentur für Arbeit und der Stiftung für Hochschulzulassung. Hier findest du Informationen rund ums Studium.

www.studienwahl.de

Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD)

Infos rum ums Studium im Ausland, Studien- und Fördermöglichkeiten, Praktika, Sprachkurse, Länderinformationen etc.

www.daad.de/de

Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV)

Informationen rund um Ausbildung, Studium, Praktikum und Arbeiten im Ausland; in erster Linie auf Europa bezogen, aber auch aufs außereuropäische Ausland

www.arbeitsagentur.de/vor-ort/zav/startseite

„Wege ins Ausland im Studium“

Angebot der Bundesagentur für Arbeit mit Infos rund um Auslandsstudium oder -semester

www.arbeitsagentur.de/bildung/studium/wege-ins-ausland-im-studium

British Council

Der British Council fördert internationale kulturelle Beziehungen und Bildung.
www.britishcouncil.de/studium-im-ausland-planen

UK Council for International Student Affairs

Die UKCISA (UK Council for International Student Affairs) ist eine unabhängige gemeinnützige Organisation in Großbritannien, die sich auf die Belange internationaler Studierender konzentriert.

www.ukcisa.org.uk