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Einstiegsgehälter von Akade­mikerinnen und Akademikern: Es geht um das Gesamtpaket

Das Einstiegsgehalt von Absolventinnen und Absolventen eines Studiums hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. abi» verrät, welche das sind.

Banknoten

44.836 Euro – so viel verdienten laut dem Portal absolventa.de Absolventinnen und Absolventen im Jahr 2021 im Durchschnitt beim Berufseinstieg. Je nach Studiengang und Abschluss variieren Gehälter jedoch stark. Medizinerinnen und Mediziner verdienen mit durchschnittlich 89.539 Euro brutto jährlich am besten, gefolgt von Juristinnen und Juristen mit 74.013 Euro. Wirtschafts­informa­tikerinnen und Wirtschaftsinformatiker verdienen im Durchschnitt 68.133 Euro. Absolventinnen und Absolventen der Geschichts- und Kulturwissenschaften kommen hingegen nur auf 46.836 Euro. Gehalt ist jedoch nicht alles.

Doch nicht nur das Was, sondern auch das Wo spielt eine Rolle: In den wirtschaftsstarken Bundesländern Hessen, Bayern und Baden-Württemberg ist das durchschnittliche Brutto­jahresgehalt am höchsten. Und größere Unternehmen zahlen tendenziell mehr Gehalt als kleinere.

Angaben zum Gehalt richtig einordnen

Was aber fängt man mit diesen Daten an, vor allem wenn sie sich widersprechen? Einordnung ist gefragt, sagt Prof. Dr. Malte Sandner, Senior Researcher im Bereich Bildungsökonomie beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und Professor an der Technischen Hochschule Nürnberg.

Ein Beispiel: Die Gehaltsunterschiede zwischen Absolventinnen und Absolventen mit einem Bachelor und einem Master liegen bei 5.000 Euro pro Jahr, also nicht einmal bei zehn Prozent. „Wer nach dem Bachelor direkt in den Beruf einsteigt, hat meist ein konkretes Angebot erhalten. Wer gefragt ist, bekommt auch mehr Geld. Daraus lässt sich aber keine Regel für alle Bachelorabsolventen ableiten.“

Das ist ein Beispiel für verzerrte Datenlagen. „Man sollte wissen, wie die Zahlen erhoben werden“, sagt Malte Sandner. Befragt werden Berufseinsteigerinnen und -einsteiger und die runden ihr Gehalt meist etwas nach oben. Und bei den Arbeitgebern sind große Konzerne in Umfragen gut vertreten, die in der Regel mehr bezahlen als mittelständische Unternehmen.

Spezialisierung zahlt sich aus

Ein Foto von Dr. Malte S. Ein Foto von Dr. Malte S.

Dr. Malte Sandner

Eine Orientierung geben die Gehaltsstudien aber. Dass Branchen wie die Luft- und Raumfahrt bei den Einstiegsgehältern vorne liegen, wundert Malte Sandner nicht. „Wer sich im Studium stark spezialisiert und mit Kenntnissen einsteigt, die man nicht on the job erwerben kann, ist für High-Tech-Branchen interessant.“ Die Bezahlung von Frauen in MINT-Fächern muss ebenfalls besser werden. „Angehende Ingenieurinnen verdienen bei gleicher Qualifikation oft weniger als ihre männlichen Kollegen“, sagt Malte Sandner.

Technologieunternehmen und DAX-Konzerne sitzen in Großstädten. Das erklärt auch die ortsabhängigen Gehaltsunterschiede. „Aber mit einem Zulieferer in der Schwäbischen Alb, der fähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen will, kann man ein interessantes Gehalt verhandeln“, sagt Malte Sandner. Hohe Gehälter in den Metropolen sollte man realistisch sehen, rät Michael Hümmer, Berater der Agentur für Arbeit Fürth. „In den Großstädten sind die Mietkosten deutlich höher, das muss man mit einkalkulieren.“

Eine große Bandbreite gibt es in der Medizin. „Wer sich als Arzt niederlässt, ist unternehmerisch tätig“, sagt Malte Sandner. Dann ist das Gehalt nicht nur vom Standort und der Fachrichtung abhängig, sondern unter anderem auch vom Talent als Unternehmerin oder Unternehmer (Direkt nach dem Studium kann man sich jedoch nicht als Arzt oder Ärztin niederlassen, da hierfür eine Weiterbildung nötig ist – Anm. d. Red.). In Krankenhäusern angestellte Ärztinnen und Ärzte dagegen werden wie der ganze öffentliche Dienst nach Tarif bezahlt. „Hier sind die Strukturen der Einstiegsgehälter sehr starr“, sagt Malte Sandner. „Auch in der Privatwirtschaft spielen Tarifverträge eine Rolle. Es gibt aber mehr Spielraum bei der Eingruppierung in die Tarifgruppen.“

Geld ist nicht alles

Wer sein Gehalt verhandeln kann, der sollte nicht nur aufs Bruttoeinkommen schauen, rät Michael Hümmer. „Es geht um das Gesamtpaket. Bonuszahlungen spielen eine Rolle, die betriebliche Altersvorsorge und die Regelungen für den Freizeitausgleich bei Überstunden.“ Auch das Klima im Unternehmen sollte man im Auge behalten. „Was nützt mir ein hohes Gehalt, wenn ich ungern zur Arbeit gehe, weil die Chemie im Team nicht stimmt?“

Corona hat in der Arbeitswelt Spuren hinterlassen. Die Folgen der Rezession für den Arbeitsmarkt sind noch nicht abzuschätzen, meint Malte Sandner. „In Innovationsbranchen muss man kaum mit Gehaltseinbußen rechnen. Entscheidend ist, ob man eine Spezialisierung mitbringt, die im Markt gefragt ist.“ Michael Hümmer sieht das genauso. „Nur im Automobilsektor ist eine Delle bei der Beschäftigung im Produktionsbereich absehbar, und das drückt die Einstiegsgehälter.“

Spezialisierung bleibt auch im weiteren Berufsleben entscheidend. „Ein hohes Gehalt beim Einstieg heißt nicht, dass es automatisch so weitergeht“, sagt Michael Hümmer. „Nur wer mit Trends und technischen Entwicklungen Schritt hält, legt auch beim Gehalt zu.“ Lebenslanges Lernen mit System ist angesagt: „Was wird gebraucht und was entsteht Neues, diese Fragen sollte man sich während des gesamten Berufslebens stellen“, rät er.

Weitere Informationen

Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit

Gehaltsinformationen für alle Berufe, mit Daten für einzelne Altersgruppen und nach Regionen und Städten
web.arbeitsagentur.de/entgeltatlas

Portale mit Rankings zu Einstiegsgehältern

Stepstone Gehaltsreport für Absolventen
www.stepstone.de/wissen/einstiegsgehalt

JOBSUCHE der Bundesagentur für Arbeit

www.arbeitsagentur.de/jobsuche